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Telezentrisches Messprinzip

Telezentrische Objektive sind speziell entwickelte Messobjektive. Sie zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass bei telezentrischer Perspektive kein Messfehler aufgrund eines Einfallswinkels auftritt.

Im Gegensatz zu Standardobjektiven mit natürlicher (entozentrischer) Perspektive, verlaufen bei der telezentrischen Perspektive die Strahlen vor dem Objektiv parallel zur optischen Achse. Dadurch bleibt über den gesamten Schärfentiefebereich der Abbildungsmaßstab gleich.

In Folge dessen können Messfehler aufgrund eines variierenden Arbeitsabstands, eines in Richtung der optischen Achse ausgedehnten Messobjektes oder einer verkippten Messoberfläche deutlich verringert bzw. eliminiert werden.

telezentrisches Messprinzip

Aufgrund der Telezentriebedingung weisen diese Objektive immer eine charakteristische Bauform auf. Die freie Öffnung (Clear Aperture, C.A.) der Frontlinse muss immer größer sein als der Durchmesser des Messobjekts. In Abhängigkeit der Brennweite der Frontoptik besitzt ein telezentrisches Objektiv eine deutlich größere Baulänge als ein entozentrisches Objektiv.

Der Arbeitsabstand ist festgelegt. In einigen Fällen kann dieser durch Modifikation der mechanischen und/oder optischen Komponenten individuell angepasst werden.

Aperturblende

Unsere Objektive sind zum Großteil mit einer variablen (Apertur-) Blende ausgestattet. Dies bietet den Vorteil, dass Lichtmenge, Auflösung und Schärfentiefe im Anwendungsfall optimal zueinander abgestimmt werden können. Wie bei Standard - Objektiven vergrößert eine weit geöffnete Aperturblende die Lichtmenge im Objektiv und ermöglicht eine höhere Auflösung. Demgegenüber wird durch eine verringerte Blendenöffnung die Schärfentiefe vergrößert.

Telezentrie und Verzeichnung des Objektivs werden durch eine variable Einstellung der Blende nicht beeinflusst.

In Industrieanwendungen mit Vibrationen oder bewegten Maschinen kann eine variable Komponente hinderlich sein. Hier bietet sich eine Festblende im Objektiv an. Neben Objektiven mit standardmäßiger Festblende können wir auch alle anderen Objektive als kundenspezifische Version mit Festblende liefern.

Als Kenngröße für die Blendenöffnung bei telezentrischen Objektiven wird die numerische Apertur (NA) verwendet:

NA = objektseitige numerische Apertur
n = Brechzahl im Objektraum (n = 1 in Luft)
σ = halber Öffnungswinkel

Bei Objektiven, die für variable Objektentfernungen (Arbeitsabstände) oder für Abbildung aus Unendlich ausgelegt sind, wird demgegenüber die Blendenzahl F# als Kriterium der Blendenöffnung angegeben:

F# = paraxiale Blendenzahl
f' = bildseitige Brennweite
dEP = Durchmesser der Eintrittspupille

Bei paraxialer Betrachtung kann man beide Größen ineinander umrechnen. Dabei ist darauf zu achten, dass die NA objektseitig und die F# bildseitig (sensorseitig) definiert ist.

NA' = bildseitige numerische Apertur = NAβ'
β' = Abbildungsmaßstab (Vergrößerung)

Schärfentiefe und Telezentriebereich

Die Schärfentiefe von telezentrischen Objektiven ist nicht per Design oder Definition größer als bei entozentrischen Objektiven. Aufgrund der telezentrischen Perspektive kann jedoch die komplette Schärfentiefe für Messaufgaben genutzt werden, da der Abbildungsmaßstab konstant bleibt.

Die Schärfentiefe ist abhängig von Abbildungsmaßstab, Blendenöffnung und benötigter Auflösung. Blendenöffnung und benötigte Auflösung sind vom jeweiligen Anwendungsfall abhängig. Deshalb wird bisher keine Schärfentiefe für das jeweilige Objektiv ausgewiesen.

Für eine generelle Abschätzung des Gesamtbereichs der Schärfentiefe kann folgende Formel verwendet werden.

DOF = Schärfentiefe
Pixel' = Pixelgröße des Sensors

Ein geringerer Abbildungsmaßstab vergrößert die Schärfentiefe in zweierlei Hinsicht. Zum einen, weil der Abbildungsmaßstab direkt in die Formel eingeht, zum anderen dadurch, dass für eine verkleinernde Optik stets eine deutlich geringere NA für eine gegebene Auflösung notwendig ist.

Neben den genannten Parametern gehen in die exakte Berechnung der Schärfentiefe optisches Design, Wellenlängenbereich und Feldgröße ein. Im Einzelfall können wir Ihnen gerne die Schärfentiefe für ein jeweiliges Objektiv unter Ihren Bedingungen (Feldgröße, Auflösung, Beleuchtungswellenlänge, optimale Blendeneinstellung) berechnen.

Der Telezentriebereich beschreibt den maximalen Tiefenversatz, in der ein Objektpunkt liegen darf, so dass der telezentrische Restfehler keinen Messfehler verursacht.

Der maximale Telezentriefehler kann ebenso wie die Abbildungsleistung in den Datenblättern auf der Homepage von Sill Optics eingesehen werden.

In der Praxis eignet es sich, die Schärfentiefe, die meist kleiner ist als der Telezentriebereich, als Δz einzusetzen und die resultierende Größe des Unschärfekreises Δy zu ermitteln.

Abbildungsleistung

Die Abbildungsleistung eines Objektivs wird grundsätzlich mit der Kontrastübertragungsfunktion (MTF) dargestellt. Diese beschreibt den abgebildeten Kontrast in Abhängigkeit der aufzulösenden Ortsfrequenz.

Die Abbildungsleistung ist aufgrund der Beugung in Abhängigkeit der Blendenöffnung begrenzt. Eine große NA bewirkt eine bessere Auflösung, stellt jedoch auch eine höhere Anforderung an das Design.

Die Abbildungsleistung ist zudem abhängig von der Objektgröße und der Vergrößerung. Ein verkleinerndes Objektiv und eine geringere Objektgröße ermöglichen stets eine höhere MTF.

Eine Darstellung der MTF für verschiedene Feldgrößen ist in den Datenblättern auf unserer Homepage ersichtlich. Dabei wird als Feldhöhe die halbe Objektdiagonale angegeben. Für jede Feldhöhe ist jeweils die tangentiale (T) und sagittale (S) Abbildungsgüte dargestellt.

Beidseitige Telezentrie

Von beidseitiger Telezentrie spricht man, wenn sowohl auf der Objektseite als auch auf der Sensorseite die Hauptstrahlen parallel zur optischen Achse verlaufen.

Dies bietet einen Vorteil bei sehr großen Zeilen- oder Matrix-Sensoren, sowie bei Sensoren, die einen definierten Eintreffwinkel des Hauptstrahls benötigen, z.B. Mikrolinsenarrays. In den meisten Fällen wird mit objektseitig telezentrischen Objektiven die gleiche Performance erreicht. 

Abbildungsmaßstab (Vergrößerung)

Entgegen entozentrischen Objektiven, bei denen über Arbeitsabstandsänderungen und Nachfokussierung der Abbildungsmaßstab manuell verändert werden kann, bleibt der Abbildungsmaßstab bei telezentrischer Perspektive gleich. Die Begriffe Abbildungsmaßstab und Vergrößerung werden in diesem Zusammenhang synonym verwendet.

Der Abbildungsmaßstab ergibt sich aus per Division von Bild- durch Objektgröße.

β' = Abbildungsmaßstab (Vergrößerung)
y = Objektgröße
y' = Bildgröße (Sensorgröße)

Aus einer gegebenen Sensorgröße und festgelegter Vergrößerung ergibt sich wiederum die jeweilige Objektfeldgröße.

Beispiel:

Sensorgröße 1" = 9,6 mm x 12,8 mm; Diagonale 16,0mm
Vergrößerung = 0,13
→ Objektgröße = 73,8 mm x 98,5 mm; Diagonale 123,1mm

Maximale Objekt- und Sensorgröße

Aufgrund des telezentrischen Messprinzips muss der Durchmesser der Eintrittslinse bei diesen Objektiven immer größer sein als die Diagonale des Objektfeldes.

Unsere Objektivreihen Correctal TCL und Correctal T sind entsprechend der freien Apertur der Eintrittslinse geordnet, damit ausgehend vom benötigten Objektfeld schnell das passende Objektiv gefunden werden kann.

Für jedes Objektiv ist die maximale Sensorgröße genannt, für die keine nennenswerte Vignettierung auftritt. Bei runden Objektfeldern oder Messobjekten, die deutlich von Standard-Formaten abweichen, können durchaus auch größere Sensoren verwendet werden. Sprechen Sie uns diesbezüglich an!

Typische Sensorformate sind:

Typische Zeilenlängen bei Zeilen- oder Matrixkameras sind darüber hinaus 28,6 mm, 35,0 mm, 43,3 mm und 60.0 mm.

Die maximale Sensorgröße wird dabei auch vom Anschlussgewinde der Kamera beeinflusst. Ein Wechsel des Anschlusses bei einem vorhandenen Optischen Design kann in vielen Fällen ein einfacher Schritt zum passenden Objektiv sein.

Verzeichnung

Die Verzeichnung beschreibt die Abweichung des Abbildungsmaßstabs in Abhängigkeit der Feldgröße. Telezentrische Objektive weisen nicht per Definition geringe Verzeichnungsfehler auf, sondern werden entsprechend der hohen Anforderungen an die Messgenauigkeit mit möglichst geringem Fehler entwickelt.

Für die einzelnen Objektive ist stets der maximale Fehler angegeben. Für kleinere Feldgrößen treten entsprechend kleinere Verzeichnungsfehler auf. Die entsprechende Darstellung in Abhängigkeit der Objektgröße ist in den Datenblättern auf unserer Homepage einsehbar.

Die Variation der Blendengröße beeinflusst die Verzeichnung nicht.

Wellenlängenbereich

Die meisten unserer Objektive sind für den Bereich 450 – 700 nm im visuellen Spektrum ausgelegt. Dabei sind monochromatische Anwendungen (schmalbandige Beleuchtung, SW-Sensor) als auch polychromatische Anwendungen (breitbandige oder weiße Beleuchtung, Farbsensor) möglich.

Im Gegensatz dazu sind bestimmte Designs auf eine Wellenlänge bzw. einen schmalbandigen Bereich ausgelegt. Bei abweichenden Anforderungen prüfen wir gerne die Kompatibilität zu Ihren Spezifikationen.


Darüber hinaus gibt es spezielle Objektive im UV- und NIR-Bereich. Gerne legen wir für Sie eine vorhandene Optik für einen speziellen Wellenlängenbereich aus.

Mechanische Daten, Anschlussarten und Industrietauglichkeit

Über unsere Homepage sind Datenblätter, Outlinezeichnungen und STEP-Files verfügbar.

In vielen Fällen kann eine Modifikation des Kameraanschlusses einfach und kurzfristig angeboten werden.

Typische Anschlussarten sind folgende:

Das Auflagemaß ist definiert als der Abstand zwischen Objektivanschlagfläche am Kameragewinde und Sensorfläche. Zur einfachen Anpassung des Auflagemaß bzw. der Anschlussart finden Sie unter "Zubehör" eine Auswahl verschiedener Adapter.

Unsere Objektive werden grundsätzlich unverklebt geliefert. Sollten Sie aufgrund von bewegten Mechaniken oder Vibrationen im Industrieaufbau ein verklebtes Objektiv benötigen, ist dies ohne Aufpreis möglich. Bei der Bestellung ist das Verkleben allerdings gesondert aufzuführen bzw. die Endung /VKL anzugeben.

Eine variable Blende im Objektiv beinhaltet immer eine variable Mechanik, die bei Bewegung und Vibrationen langfristig zu Problemen führen kann. Um die Industrietauglichkeit zu verbessern, bieten wir an, auch unsere Objektive mit variabler Blende auch in einer Version mit Festblende zu liefern. Bei der Bestellung ist auch diese Modifikation gesondert aufzuführen. Die Festlegung der optimalen Blendenöffnung kann berechnet werden bzw. über eine Leihstellung im Messaufbau evaluiert werden.

Unsere Objektive mit standardmäßiger Festblende sind im Katalog mit einem blauen Punkt gekennzeichnet.